Tipps und Packliste zum Berggehen
Schau ich vom Tal zu Berggipfeln hoch, sehne ich mich oft danach, dort oben zu sein. Doch weiß ich auch, dass der Gipfelblick einiges abverlangt:
Zuerst die Entscheidung, wirklich hinaufzugehen, die Vorbereitungen in Kauf zu nehmen, sich einen Tag freizuschaufeln, zu packen und wirklich früh aufzustehen... - ganz anders hab ich eine Einladung zum Bergwandern in der vergangenen Woche erfahren.
Diese Eindrücke vom Höhenbergwandern, Tipps bei schmerzenden Füßen und eine Packliste für eine Wochentour stelle ich Ihnen in diesem Blogeintrag vor.
Nach einigem Überlegen habe ich die Gelegenheit zum Hochgebirgswandern in den Stubaier Alpen angenommen - wenn auch mit gemischten Gefühlen. Ich hatte ja keine Ahnung, was mich da überhaupt erwartet - ganz abgesehen davon, wie mein Körper im aktuellen (nicht ganz optimalen) Trainingszustand auf Belastung durch die Seehöhe und das Gehen reagieren würde.
Nach der Anreise zur Dresdnerhütte waren wir am ersten Tag zum Gewöhnen gemütlich über den Grawagrubennieder (2881 m) zur Neuen Regensburgerhütte unterwegs. Am frühen nächsten, nebeligen und kühlen Morgen starteten wir zum In-Schritt-Kommen in Richtung Franz-Senn-Hütte. Die Route geht zuerst etwa eine halbe Stunde in der Schichtenlinie um dann einige 100 m auf den Schrimmennieder anzusteigen.
Innerer Dialog beim Bergwandern
Ich gehe als erster der vierköpfigen Wandergruppe. Langsam, fast schon bedächtig, setze ich meine Schritte, einen nach den anderen. Das Auge sucht die Tritte sorgfältig aus und der Fuß vollendet die Vorwärtsbewegung. Zuerst sind Blick und Fuß immer sehr nahe beieinander - erst nach und nach stellt sich die Sicherheit ein, und das Auge ist nicht mehr nur auf die Bergschuhspitzen gerichtet, sondern nimmt den Weg im Voraus wahr. Die Füße setzen ihn bedächtig um. Nach etwa einer halben Stunde habe ich meinen eigenen Schritt-Rhythmus gefunden. Jetzt beginnt der etwa einstündige Anstieg zum Schrimmennieder (2714m).
Auf einmal merke ich, wie der Körper umschaltet - das Gehen wird ganz selbstverständlich, ganz leicht. Fast automatisch finden die Augen den Weg über die Geröllplatten des Stubaier Höhenweges und die Füße maschieren. Immer im eigenen Rhythmus merke ich, wie ich mehr und mehr zu mir selbst komme. Ich gehe ein Stückchen vor der Gruppe, weil ich dieses angenehme Gefühl ohne störende Worte erleben möchte. Mein Körper lässt los und gleichzeitig schärft sich mein Geist. Ich komme in eine ganz einfache Leichtigkeit und in den Gedanken stellt sich eine selten erlebte Klarheit und Weite ein.
Über den Weg, meinen Weg, beginne ich zu sinnieren - und es eröffnet sich das Bild, dass dieser Weg im Kleinen Teile meines Lebens widerspiegelt. Mal ist es mühsam, anstrengend - dann wieder ganz leicht, fast so, als würde man getragen. Mal geht es bergauf um dann wieder bergab zu gehen. So wandern auch meine Gedanken und werden weiter und weiter - Wahrscheinlich ist es nur wichtig, das man sich mit einem Ziel einfach auf den Weg macht.
Ziele und markante Wegpunkte geben mir Orientierung. Hier, in dieser Höhe um 2500m in unbekannten Gelände unterstützen mich die guten Markierungen. Immer wieder finden die Augen die Tritte - manche sind einfacher, andere wackelig - es ist egal, die Füße nehmen es wahr und stellen sich darauf ein. Sie tragen mich im wahrsten Sinne des Wortes den Berg hoch und ermöglichen mir diese Erfahrungen.
Immer wieder wird es mir bewusst, dass ich die Tritte ganz gezielt auswähle - automatisch konzentriere ich mich dorthin, wo sich der nächste sichere Halt bietet um dann loszulassen und sofort den nächsten zu finden. Jeder Tritt sitzt und ist ganz einfach richtig. Das Auge bleibt nicht dort hängen, wo ich nicht hin möchte - es orientiert sich und führt mich stetig den Berg hinauf. Ab und zu benötige ich etwas mehr Vorausschau, um den Weg zu finden. Es sieht vieles ähnlich aus und der Steig ist manchmal schwer zu erkennen.
Dann hebe ich den Blick und schaue ich weiter nach vorne. In den Kurven gehe ich ganz langsam und lasse die Augen über das unbeschreibliche Panorama schweifen. Mir werden die Dimensionen wieder klar, die Größenverhältnisse. Die Weite der Stubaier Alpen beeindruckt mich. Auch an die Last auf dem Rücken denke ich - vieles im Rucksack ist nicht so wichtig, wie ich ursprünglich dachte und somit nur Ballast. Na ja, ich lerne daraus und werde ihn das nächste mal anders bestücken.
Man braucht gar nicht soviel, wenn man in dieser Seehöhe unterwegs ist. Das Handy ist hier unbedeutend (und nur im Notfall aktiv), auch andere, sonst so wichtige Elektronik ist fehl am Platz. Das Leben läuft viel einfacher, gemächlicher und reduziert sich auf die Grundbedürfnisse. Diese jedoch erhalten den Stellenwert, der ihnen auch im täglichen Leben zustünde.
Auch die Freude über das bereits Erreichte stellt sich ein und damit die Vorschau auf das, was noch kommen wird (ja, da sind schon noch einige Höhenmeter bis zum Grat). Um dann einfach wieder weiter zu gehen...
Der kalte Wind wird etwas ruhiger, der morgendliche Nebel wandert in Schwaden nach oben, um sich mehr und mehr aufzulösen. Nach und nach schält sich die imposante Gebirgskulisse aus dem feuchtkühlen Grau und die Sonne treibt mir Schweißperlen auf die Stirn.
Mir wird auch bewusst, wie das mit dem Loslassen funktioniert - obwohl jeder Schritt etwas ganz Besonderes, Einmaliges ist (oder war), ist es doch nur ein ganz kleiner Teil des Weges. Bliebe ich daran hängen, müsste ich stehen bleiben. Das ist zum tiefen Durchatmen ja ganz angenehm - für das Weiterkommen, das Erreichen des Grates aber nicht unbedingt förderlich. Auch das Bemerken der gefährlichen Passagen funktioniert ganz automatisch - nicht im Sinne von Achtung - Gefahr - Angst und Erstarren, sondern mit erhöhter Wachsamkeit und Klarheit, die eine noch nicht gekannte Präzision in meinen Bewegungsablauf bringt.
Ich versuche, ganz bei mir zu bleiben - nicht zu weit nach vorne zu schweifen, aber auch nicht an den vergangenen Schritten hängen zu bleiben. Ganz einfach ein Schritt nach dem nächsten zu setzen - immer wieder. Nicht einmal das Trinken schafft es, mich aus meinem Rhythmus zu bringen - es muss ganz einfach noch ein wenig warten. Hat sich vor einigen Kehren der Weg zum Grat auch noch gezogen - jetzt sind es nur mehr einige Höhenmeter. Ich setze einige Tritte in das Schneefeld und werde von einem kühlen Gratlüftchen auf dem Ziel dieses Anstieges empfangen.
In mir hat sich Ruhe ausgebreitet, wie ich sie schon lange nicht mehr kannte - dieses Gefühl wird ergänzt von einer tiefen Dankbarkeit, so etwas in dieser wunderschönen Gebirgslandschaft überhaupt erleben zu können - Danke an Josef, Herbert, Stefan und Jörg ;-)
Tipps für Wanderer mit schmerzenden Füßen:
Wenn man schon wie ich professionell ganzheitliche Körperarbeit (Shen-Shiatsu) macht, so sollte man sich auch am Berg zu helfen wissen... - Was sowieso jeder weiß (und fast niemand wirklich konsequent durchführt) wäre das Dehnen am (Anfang und) Ende des Tages.Warum ist das Dehnen so wichtig? Durch das ruckfreie Dehnen werden die betroffenen Gelenke und Muskeln wieder auf ihren Neutralpunkt, die Neutralposition eingestellt. Dadurch wird das Zusammenspiel im Körper harmonisiert und die Bewegungen werden wieder leichter, kraftsparender und runder. Ungleichgewichte können dadurch rasch nach dem Entstehen ausgeglichen werden und Schmerzen brauchen erst gar nicht zu entstehen.
Der untrainierte Mensch stellt sich nur langsam auf die Bewegung ein. Läuft diese dann auch noch immer gleich ab, wird der Organismus auf Dauer einseitig be- bzw. überansprucht. Die nicht immer optimalen Bewegungsmuster führen bei geringer Kondition oder Einschränkungen zu Belastungen im Körper. Treten nun Schmerzen im Bereich der Beine auf, kann man beim Berggehen im leichteren Gelände ganz bewusst das Bewegungsmuster brechen, indem man einige Minuten mit nach außen gedrehten und anschließend einige mit nach innen gedrehten Füßen wandert (bzw. watschelt).
Dadurch beansprucht man andere Muskelpartien und die vorher schon schmerzenden können sich ein wenig entspannen und vielleicht sogar ein wenig besser ausrichten. Fußpflege mit Hirschtalg am Morgen, Funktionssocken und gutes, passendes Schuhwerk sind die Basis für eine gelungene Wandertour.
Packliste für eine einwöchige Hochgebirgstour
- 50 l Rucksack mit optimalem Tragesystem, Aussenfächer und Regenschutz
- Sonnenbrille, Sonnenschutz, leichte Kopfbedeckung,
- funktionelle Unterwäsche (Leibchen aus Merinowolle...)
- Berghose (mit Gürtel), evtl. kurze Hose, wasserdichte Überhose
- winddichte Fleecejacke und warmer Pullover
- wind- und wasserdichten Anorak bzw. Wanderjacke
- bequeme Hose oder Trainingsanzug für die Hütte
- Hüttenpatschen, mit denen man auch Duschen kann
- Waschzeug und Handtuch
- Proviant (Trockenobst, Müsliriegel, Mannerschnitten, ...
Am Abend Essen in der Hütte, Jausenpakete können auch auf der Hütte gekauft werden)
Teebeutel (für Teewasser - gibt es auch auf der Hütte zu kaufen) - Alpenvereins- oder Naturfreundeausweis bringt Ermäßigungen und Bergrettungsversicherung
- Fotoapparat, Handy (für Notfälle)
- Ohropax (für die ungestörte nächtliche Ruhe ;-)
- leichter Schlafsack bzw. Hüttenschlafsack (zum Nächtigen in Lagern)
- Biwaksack für Notfälle, Reepschnüre
- Taschen- oder Stirnlampe, Handy und -ladegerät
- 1,5 l Wasserflasche und Thermoskanne für Tee
- feste, wasserdichte Bergschuhe
- Hirschtalg, Magnesiumtabletten (z.B. Schüsslersalze oder Brause), Schmerztabletten
- 1. Hilfe Packerl mit elastischer Binde
- zusammenschiebbare Wanderstecken
- starke Plastiksäcke (zum dichten Verstauen und als Ordnungssystem im Rucksack)
- Flachmann mit Gipfelwasser
- Karte und Kompass (BEV)
- Schreibzeug und Block
Wenn man gute Ausrüstung verwendet, sollte sich diese Gepäckliste (ohne Getränke) auf etwa 10 kg ausgehen - man merkt spätestens am Ende des ersten Wandertages jedes Kilogramm.
Kosten
Mit etwa 60 - 70 € am Tag muss man rechnen - Nächtigung mit Halbpension (Abendessen mit Suppe, Haupt- und Nachspeise und Frühstücksbuffet) in Lager oder Zimmer kommt auf ungefähr 45 - 55 €, die Getränke sind natürlich extra zu bezahlen.